Über 1000 Leute waren am 23./24. August in und auf der Moritzbastei unterwegs, als das erste Leipzig Pop Fest über die Bühnen ging. Zehn Bands, vier Diskussionsforen und drei DJ-Teams loteten aus, was die Popmusikszene dieser Stadt ausmacht. Im zweiten Teil gibt es Eindrücke vom Festivalsamstag und einen Ausblick.
Bilder gibt es übrigens auf der Moritzbastei-Homepage.
Am Vormittag des 24. August lag der Cospudener See still und paradiesisch in der Sonne. Für den Tag waren Höchsttemperaturen von 32 Grad Celsius vorhergesagt. Wohin würden die Leute am Nachmittag gehen – zum See oder in die Leipziger City?
Gegen 14 Uhr bot sich folgendes Bild an der Moritzbastei. Der Kurt-Masur-Platz war ein Baustelle, das Pflaster wurde ausgewechselt. Auf der Open-Air-Bühne lief der Soundcheck von 2ersitz. Überall luden Bands ihr Equipment aus ihren Autos. Vom und zum Augustusplatz strömte die samstägliche Shopping-Crowd, auf der MB-Terrasse wurden die ersten Getränke geleert. Alles ziemlich entspannt. Um 17 Uhr würde Robert aka Emily’s Giant die Konzerte des Popfestes eröffnen. Er selbst sah die Sache gelassen, ein paar seiner Hardcore-Fans würden schon kommen, und dann hätte er eh noch Tresendienst im Goldhopfen.
Die erste Paneldiskussion mit Markus Rennhack (KTF publishing) und Thomas Busch (Spirit Legal) zu den Auswirkungen des EU-Urheberrechtes startete 16 Uhr vor einer handvoll Zuhörer*innen. Alles easy, aber würde das über das gesamte Festival so weitergehen? Dann wäre das erste auch das letzte Leipzig Pop Fest.
Aber das Leipziger Publikum lässt sich nicht hetzen, die erste Diskussion füllte sich noch, und beim Gespräch zur Labelarbeit in Leipzig, das halb fünf startete, saßen dann schon knapp 40 Menschen im Publikum, was im oberen Bereich unserer Erwartungen lag. Auch der Vortrag von Berthold Seliger fand das Interesse von ca. 50 Leuten, was zwar viel zu wenig für den Mann und seinen erhellenden Einblick in die Welt der Konzertveranstalter-Konzerne, aber doch ein respektabler Zuspruch war, wenn man Außentemperatur und Uhrzeit (Beginn 18 Uhr) berücksichtigt.
Im Anschluss an alle drei Diskussionen wurde zum Teil auch konfrontativ zwischen Podium und Publikum debattiert, und natürlich war die Zeit viel zu kurz, um alle Fragen auf den Tisch zu bringen. Im Anschluss forderten nicht wenige Zuhörer*innen ein, dass die Diskussion an diesem Punkt nicht zu Ende sein dürfe! Es wäre doch erst der Punkt erreicht, wo es anfange, richtig interessant zu werden! Nehmen wir das mal als Argument für eine Fortsetzung.
Nach Ende der Panel-Diskussionen war auf der Terrasse schon der Teufel los. The Ladies Home Journal lösten Baby of the bunch auf der Bühne ab und taten genau das, wofür sie gebucht worden waren: sie zauberten das berühmt-berüchtigte Sachsenbrücken-Gefühl auf die Moritzbastei-Terrasse. Was 2ersitz im Anschluss dankend aufgriffen und bis kurz vor zehn den Platz am Feiern hielten. Knapp 500 Menschen hatten bei den Open-Air-Konzerten eine großartige Zeit. Das waren mehr, als wir erhofft hatten und mehr als doppelt so viele, als wir mit dem GROSSEN PREIS zuletzt erreichen konnten. Wow.
Ab 19:00 verlagerte sich dann das Geschehen auch zuhnehmend in die MB. Florian aka Das Paradies machte den Anfang in der Tonne, eine halbe Stunde später startete Love is rare in der Ratstonne. Der Ticketverkauf sollte die einzige kleine Enttäuschung des Abends bleiben – etwas über 200 verkaufte Karten waren dann doch weniger, als wir kalkuliert hatten. Vor den Bühnen sah es trotzdem nie unangenehm aus, bei Kamala und Fabian und Shed Ballet waren die Venues gut gefüllt, bei den als Headliner gebuchten Klan war die Hütte ordentlich voll. In den Höfen und dem Moritzbastei-Café tummelten sich derweil die über 60 beteiligten Musiker*innen mit ihren unvermeidlichen Gästelistengästen, Podiumsteilnehmer*innen, Pressemenschen. Bis nachts um drei wuselte es durcheinander, und Sven Tasnadi, King Kong Kicks und Karl Blau nebst rZr konnten noch einmal 400 Menschen auf ihre Dancefloors locken.
Eines der schönsten Momentaufnahmen des Abends: Im Innenhof waren über mehrere Stunden Leipzigs Kulturbürgermeistern Dr. Skadi Jennicke, WERK2-Booker Roland Berger, Jazzclub-Chef Stefan Heilig, Golden-Ticket-Macher Fabian Schütze und Berthold Seliger in ein intensives Gespräch verstrickt, während um sie herum Bands und Publikum das Festival rockten. Für genau diese Momente des übergreifenden Austausches sollte das Leipzig Pop Fest sorgen.
Am Ende waren an diesem Abend über 1000 Menschen beim Leipzig Pop Fest auf und in der Moritzbastei. Das ist viel Aufmerksamkeit für lokale Bands und Akteur*innen (vom ganzen Reichweiten-Ding via online und Analogmedien mal ganz zu schweigen). Wirtschaftlich war das ganze trotzdem ein Balance-Akt, aber ohne den freien Eintritt im Open-Air-Bereich hätte sich niemals diese offene Atmosphäre eingestellt. Wird es also auf jeden Fall ein zweites Leipzig Pop Fest geben? Das war jedenfalls der ausgesprochene Wunsch der meisten Beteiligten.
Sagen wir mal so: Von uns aus gerne! Jederzeit! Wenn wir es schaffen, das Interesse vor allen Dingen der lokalen Musik- und Szene-Aktivist*innen wach zu halten. Wie heißt es so schön: Es ist leicht, nach oben zu kommen, aber schwer, oben zu bleiben. Es gibt noch viele Themen, die beackert viele Strukturen, die vernetzt , Forderungen, die durchgesetzt werden müssen. Finden wir, aber das müssen vor allen Dinge die Macher*innen wollen (und von denen vor allen Dingen die junge Generation!).
Zu tun ist mehr als genug! Als Moritzbastei können wir nur Austragungsort, Organisation und Struktur bieten. Die Inhalte und die Musik und der Drive muss aus der Szene und der Branche selbst kommen. Also kann die Losung nur heißen: Mehr Leute ins Boot holen, mehr Relevanz gewinnen, mehr Ausstrahlung erreichen (das darf durchaus auch als Aufruf verstanden werden, sich einzubringen!). Beim nächsten Leipzig Pop Fest sollte es keine Überraschung mehr sein, wenn Leute auch aus angrenzenden Bundesländern anreisen.
Aber bis wir einen Termin bekannt geben können, gibt es erst einmal noch eine Menge zu tun. Wir halten euch auf dem Laufenden!