Die Bilder konntet ihr ja bereits im vorausgehenden Beitrag angucken – hier jetzt noch ein Review vom Ecki – herzlichstes Dankeschön!! dafür nochmal an dieser Stelle.
Am vergangenen Dienstag hatte man in der Moritzbastei die Gelegenheit, King Kool Savas, alias KKS, SAV oder King of Rap, live zu erleben. Das erste Auffällige: Kool Savas scheint sich nach wie vor größter Beliebtheit zu erfreuen, denn die Veranstaltungstonne der MB war restlos ausverkauft.
Das zweite Auffällige: das Durchschnittsalter des Publikums ließ sich auf geradeso 18 Jahre schätzen, so gut wie alle anwesenden Frauen waren wesentlich jünger. So war man bereits im Vorfeld der Show sehr interessiert daran, wie Songs a la „Lutsch mein´ Schwanz“ oder „Pimp Legionäah“ aus der Anfangsära des Rappers, durch die der heute ja so angesagte Gangster – Rap aus Berlin Eingang in die Kinderzimmer deutscher Haushalte gefunden hatte, ankommen würden.
Gut angekommen in Leipzig war jedenfalls der Künstler selbst, der pünktlich (wie das im Business sein muss!) die Bühne enterte und mit 2 – 3 nur Insidern bekannten Unterstützern die ersten Takte in die Tonne steckte. Beat und Bass waren laut (vom Rest der Instrumentals war wie immer wenig zu hören), der Rap zu verstehen und die Licht – und Videounterstützung gaben dem (für HipHopper) akustischen Leckerbissen die nötige visuelle Untermalung.
Mit einer derart durchgestylten Show hätte ich nicht gerechnet, das war wirklich sehr gelungen und auch der Rest der Zuschauer dankte es dem selbsternannten King of Rap und seiner Crew mit wildem Armgeruder, Springeinlagen und durchgehend lautem Mitgerappe. Genauso wie sich das gehört bei einem Konzert eines HipHop – Stars. Rapper werden gemeinhin nach anderen Kriterien beurteilt als Musiker anderer Musiksparten.
Für den Mikrokosmos einer Subkultur wie HipHop macht das durchaus Sinn, denn da gilt als Grundgedanke der Wettbewerb, das Vergleichen von Fähigkeiten in verschiedenen Disziplinen, Respekt erarbeiten durch gut sein. Nun ist Rap aber schon längst aus der Subkultur herausgewachsen. Er ist salonfähig geworden und hat sich weitestgehend von den Regeln seiner Entstehung abgelöst. HipHop – Musik ist groß geworden, HipHop – Kultur klein geblieben. Rapshows bestehen eben darin, sich möglichst an Konzertabläufen aus Rock und Pop zu orientieren. Da gibt es keinen Gegner mehr, der einem gegenüber steht, hier geht es um eine One – Man – Show. Rap ist hier nicht mehr Battle, Rap hat sich zu einem großen Arm musikindustrieller Maschinerie entwickelt und Rapper sehen sich den gleichen Bewertungskriterien gegenüber wie Silbermond und die Fantas. Rapper erreichen Menschen, junge Menschen, sie tragen damit Verantwortung. Und man könnte erwarten, dass sich dementsprechend auch inhaltlich langsam aber sicher positive Veränderungen einschleichen sollten.
Bei den meisten großen deutschen Rappern ist das Gegenteil der Fall, Kool Savas (muss man ihm dankbar sein?) hat wenigstens den Pornorapstyle abgelegt, bleibt aber sonst auf gewohntem textlichen Niveau. So steht er auf der Bühne und macht vor ca. 400 FANS immer noch imaginäre Gegner klein, sieht ein, dass er wirklich der Beste ist, seine Party am größten ist, die Leute auszurasten haben, der Beat fetter nicht geht und Mitmachen ein Muss ist. Zwischendurch findet man zwar ein paar wenige Innensichten und Meinungen, dennoch bleibt der größte Teil des Konzerts textlich dort, wo sich Rap längst nicht mehr befindet: auf der Straße.
Was alles nicht so schlimm wäre, wenn nicht 400 sehr junge Menschen das alles restlos gut fänden und diese Musik für sie nichts vermissen lässt. Wo sind die Werte der Jugend? Hier? Leider. OK, dafür kann nun Savas auch nichts, aber viel wird seitens der Menschen auf der Bühne auch nicht dagegen unternommen. Selbst die Ansprachen zwischen den Songs sind weder von Witz, noch von Aussagen geprägt, über die es sich lohnen würde nachzudenken. Noch dazu werden dann Erfrischungsgetränke von Sponsoren von der Bühne aus an die Kids verteilt, Schlüsselbänder mit den Aufschriften großer Geldgeber als „Andenken“ in die Massen geworfen. Und als Höhepunkt dürfen sich zwei noch recht junge Mädels im Savas – Shirt auf der Bühne tanzend zum Affen machen.
Und als das komplette Publikum die alten Kracher („Lutsch meinen Schwanz“, „Pimp Legionäah“) zunächst lauthals forderte und dann auch noch geschlossen mitgrölte war unsereins schon satt. Gut, alle werden älter, hoffen wir also das Beste. Nach 1,5 Stunden war der Hauptteil der Show gezeigt, der Zugabenblock ließ lange auf sich warten und war noch mal ca. eine halbe Stunde lang. Die Veranstaltungstonne blieb bis zum letzten Takt proppevoll, für die zahlungskräftige Fangemeinde war es mit Sicherheit ein unvergesslicher Konzertabend. Fette Beats, ein präsenter Hauptdarsteller mit gutem Flow, geiles Licht, geile Party. Dazu noch einige überraschende Gäste aus dem Optik – Records – „Raportoire“. Es gab viel fürs Geld – nur nix für den Kopf und die Ewigkeit. Schade.