Wort zum Monat
Das Wort zum Mai

Verfolgt man das mediale Hyperventilieren rund um die Piratenpartei, kommt einem der alte Grönemeyer-Heuler ins Gedächtnis: Kinder an die Macht. Die Alten wettern gegen die Jungen – die haben doch keinen Plan, achten den Wert des Bestehenden nicht, und ihre Frisuren sind auch bedenklich. Die Piratenpartei selbst braucht praktisch nichts zu tun, das Establishment hält sie auf jeder Titelseite im Gespräch. Ihre bloße Existenz garantiert ihnen im Mai den Einzug in zwei Landesparlamente. Der Erfolg der Piraten beruht auf diesem simplen Geheimnis: es wird ihnen viel zu leicht gemacht. Womit Glück und Tragik der Politkometen in einem Punkt zusammenfallen, nämlich einem gesellschaftlichen Erziehungsfehler. Seit zwei, drei Generationen besteht der Zweck des Elterndaseins darin, es seinen Kindern leicht zu machen. Sie sollen es gut haben, sich verwirklichen, etwas aus sich machen. Aber sie sollen natürlich auch Grenzen akzeptieren. Auf deutsch: Sollen sie machen, was sie wollen. Solange sie uns keinen Ärger machen.
Das Wort zum April

Frühling. Das ist die Jahreszeit, in der die Säfte wieder in Baum, Strauch und müde Glieder fahren. Der Winter mit seinem Getöse zog sich in raue Berge zurück! Schnell alle überflüssige Kleidung abgelegt und probiert, ob sich die Frühlingsgedanken und –gefühle noch mit der nötigen Geschmeidigkeit in Taten umsetzen lassen. Wie schnell ist ob der lauen Lüfte, ob des Knospens und Sprießens umher das Elend der Welt vergessen. Eurokrise? Syrien? Bundespräsidentenwahl? Das war alles gestern, und wenn es heute noch sein sollte, dann ist es zumindest gefühlt weit weg. So denken die jungen Leute, denken die alten Leute. Die Jugend hat ja nichts mehr auszustehen! Die Jugend hat keine Ideale mehr! Die Jugend lädt sich Musik aus dem Internet und bezahlt nicht dafür! Diese Platte wird schon seit der Antike abgespielt. Die einzige Neuerung ist, dass dank gestiegener Lebenserwartung heute die 90jährigen darüber motzen, wie respektlos die 60jährigen sind. Keiner von denen steht auf, um in der Straßenbahn einen Platz anzubieten…