30. März 2018

Everybody dance. Now!

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Michael Ludwig: „Links ist schief“ (2004). www.ludwig-cartoon.de

Am heutigen Karfreitag feiern wir zwei neue Partys. Beiden gemeinsam ist, dass sie Offenheit und Grenzenlosigkeit fordern – und natürlich feiern. Die Giordano-Bruno-Stiftung tanzt mit einer „Heidenspaß-Party“ gegen den in Sachsen gesetzlich festgelegten „ernsten Charakter“ des Karfreitags an, womit Tanzen, Sport und sonstige öffentliche Vergnügungen am heutigen Tag untersagt sind. Und die Ringelpiez-Party lädt Schwule, Lesben und deren Freunde ein, sich unter dem Motto „Menschen, die Menschen lieben“ einen ordentlichen Muskelkater anzutanzen.

Bereits Ende 2016 erklärte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der „MünchenerHeidenspaß-Party 2007“ und die entsprechenden Bestimmungen des Bayerischen Feiertagsgesetzes fürnichtig. In seinem Urteil stellte das Gericht fest, dass am „stillen“ Karfreitag sehr wohl getanzt werden darf – sofern der Tanz Ausdruck einer klaren weltanschaulichen Abgrenzung gegenüber dem Christentum ist.

Deshalb beginnt die Heidenspaß-Party um 20:00 Uhr mit einem amüsanten aber nicht minder ernsten Vortrag des vierfachen Bestseller-Autors Philipp Möller, der den Gästen noch einmal erklärt, warum für uns gilt: „Gottlos glücklich – warum wir ohne Religion besser dran wären.“ (So auch der Titel seines aktuellen Buches.) Nach einer hoffentlich intensiven Diskussion geht es ab ca. 22:00 Uhr weiter mit ausgelassener Tanzerei bis in den Ostersamstag hinein. A

Steinhaus erklärt, warum trotz der Entscheidung aus Karlsruhe weiterhin Protest nötig ist: „Zwar gibt es in Sachsen laut Gesetz die Möglichkeit, von dem Vergnügungsverbot eine »Befreiung« zu beantragen. Doch die Kirchen haben sich im Gesetz ein Mitspracherecht gesichert (§ 7 Absatz 2). Vor allem aber kann es nicht sein, dass sich die über 70 Prozent Nicht-Christen ihre Aktivitäten genehmigen lassen müssen, nur um die religiösen Gefühle einer christlichen Minderheit zu schützen. Die Politik sollte nicht immer nur die streitbare Legende vom christlichen Abendland bemühen, sondern auch endlich die geänderten Realitäten akzeptieren: Ostern ist – zumindest in Sachsen – längst kein christliches Fest mehr, sondern ein volkstümliches Familien- und Frühlingsfest. Daran ändert auch nichts, dass die Kirchenbänke ausnahmsweise mal wieder für ein paar Stunden voll sind. Selbst in Italien ist Karfreitag ein normaler Arbeitstag.

Wer daher am Karfreitag schon vor 24:00 Uhr tanzen will, muss in die Moritzbastei kommen. Mit dem Betreten der Veranstaltungsräume bestätigt jeder Gast,

a)  einer humanistischen Weltanschauung zu folgen,
b) weder an Götter noch an Elfen, Kobolde oder Dämonen glauben und
c) dass jede noch so kleine rhythmische Zuckung seines Körpers auf der Heidenspaß-Party Ausdruck dieses weltanschaulichen Bekenntnisses ist.

Auf der Ringelpiez-Party kann übrigens jeder denken, glauben und hoffen, was er will. Sie beginnt erst ab 23 Uhr und ist damit für den sächsischen Karfreitagsschutz uninteressant.


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